„Wo Honig drauf steht, muss Honig drin sein“
Gespräch zu Food Fraud beim flüssigen Gold

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09.01.2019

Dr. Helena Melnikov, Geschäftsführerin Honig-Verband e. V., im Interview

1. Was bedeutet Lebensmittelkriminalität?
Darunter versteht man im Allgemeinen das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit dem Ziel, durch vorsätzliche Täuschung einen finanziellen Vorteil zu erlangen. Diese etwas technische Umschreibung bedeutet in der Praxis, dass Lebensmittel manipuliert werden, um mehr Geld zu verdienen. Es kann sich deshalb für Lebensmittelfälscher lohnen, Käufer zu täuschen. Auf Etiketten werden dann zum Beispiel Angaben gemacht, die nicht dem Produktinhalt entsprechen. Nicht umsonst wird dieses kriminelle Verhalten im Englischen „Food Fraud“ genannt.

2. Was genau bedeutet Food Fraud in Bezug auf Honig und welche Probleme gibt es?
Nun ja, Honig ist seit vielen Jahrhunderten ein wertvolles Handelsprodukt. Bei wertvollen Produkten besteht leider immer die Gefahr, dass sie manipuliert oder verfälscht werden. Food Fraud beim Honig, das bedeutet zum Beispiel, dass Zuckersirup hinzugegeben wird, Sorten anders deklariert werden oder gar der Herkunftsort falsch angegeben wird. Das Ziel ist, beim Verkauf einen höheren Profit zu erzielen. Verbraucher werden so getäuscht und es entsteht ein ungleicher Wettbewerb im Handel, auch zu Lasten der Imker. Das ist auch noch aus einem weiteren Grund überhaupt nicht in Ordnung: das hohe Ansehen, das die Bienen aufgrund ihrer Bestäubungsleistungen für die Nahrungskette bei uns Menschen haben, wird durch die Profitgier einzelner Marktteilnehmer leichtfertig aufs Spiel gesetzt.

3. Wie werden solche Verstöße festgestellt?
Verstöße können meist nur im Labor festgestellt werden. Das heißt, dass durch moderne Analysemethoden die Bestandteile des jeweiligen Honigs bestimmt werden. So kann zum Beispiel ermittelt werden, ob der Honig mit Zuckersirup gestreckt ist oder nicht. Weiter können Spezialisten anhand der Pollenanalyse feststellen, ob der untersuchte Honig dem entspricht was auf der Deklaration steht. Die Pollenanalyse ist also quasi der ‚Fingerabdruck‘ für die Herkunft des Honigs. Neben gefälschtem Honig kann also auch eine Falschdeklaration eines ‚nicht gefälschten‘ Honigs überprüft werden. Mit der Honigverordnung existiert eine Sammlung von Richtlinien in denen die Zusammensetzung der anerkannten Honigsorten genau definiert sind. Die Honigverordnung ist sozusagen das Reinheitsgebot des Honigs.

4. Betreffen diese Verstöße auch den Honig „vom Imker nebenan“?
Ja, vom großen Unternehmen bis hin zum kleinen Imker ist Food Fraud denkbar. Der Imker von nebenan bildet da leider keine Ausnahme, denn grundsätzlich kann jeder, der in der Kette der Honigproduktion beteiligt ist, auch Honig verfälschen. Dadurch wird leichtfertig das hohe Ansehen des Honigs und der ganzen Branche beim Verbraucher verspielt.

5. Die Positionierung vom Honig-Verband ist schon recht deutlich geworden. Trotzdem noch mal die Nachfrage: Wie positioniert sich der Verband in Bezug auf das Thema Food Fraud?
Ganz klar, wo Honig drauf steht, muss Honig drin sein. Honig ist ein reines Naturprodukt und soll es auch bleiben – das macht ihn so einzigartig. Deshalb setzen wir uns für unverfälschten Honig und gegen jegliche Falschdeklaration bei Honig ein.

6. Welche Maßnahmen trifft der Honig-Verband, um gegen Lebensmittelkriminalität vorzugehen und was haben Sie bisher erreicht?
Wir informieren unsere Mitglieder über mögliche Risiken beim Honighandel, stellen aktuelle Marktinformationen zur Verfügung und stehen im regen Austausch mit Laboren zu den neuesten Analysemethoden. Diese Maßnahmen zeigen auf jeden Fall ihre Wirkung. Unsere Mitglieder nehmen das Thema sehr ernst.

7. Und wie sieht es mit der Zukunft aus? Was müsste sich ändern, damit die Verfälschung beim Honig der Vergangenheit angehört?
Wie so oft sind eine offene Kommunikation und ein Aufklären über Folgen der Schlüssel zur Prävention. Diesen Weg wollen wir entschlossen weitergehen und somit verhindern, dass Fälle der Lebensmittelkriminalität beim Honig überhaupt stattfinden. Dazu erwarten wir auch von den zuständigen Behörden und Ämtern ein konsequentes Vorgehen im Umgang mit gefälschten Lebensmitteln und von den Verbrauchern eine höhere Wertschätzung für unverfälschte Lebensmittel.